Apokalypse in den Tropen

Handlung
Apokalypse in den Tropen ist eine fesselnde Dokumentation, die sich mit dem wachsenden Einfluss christlich-evangelikaler Führer auf die Politik in Brasilien auseinandersetzt. Regisseurin Petra Costa bewegt sich meisterhaft durch das komplexe und schwierige Terrain der brasilianischen Politik und erhält außergewöhnlichen Zugang zu Spitzenpolitikern, darunter Präsident Lula und der ehemalige Präsident Bolsonaro. In ihrer Erzählung wirft Costa grundlegende Fragen nach der Verschwimmung der Grenzen zwischen Demokratie und Theokratie in dieser lebendigen und vielfältigen Nation auf. Im Mittelpunkt des Films steht die rätselhafte Figur eines charismatischen Fernsehpredigers, eines einflussreichen Führers, der eine bedeutende Macht über den rechtsextremen Führer Bolsonaro ausüben will. Der Eifer und die unerschütterliche Hingabe dieses Pastors an seinen Glauben machen ihn zu einer überzeugenden und beeindruckenden Persönlichkeit, da er mühelos die Aufmerksamkeit und Hingabe seiner Anhänger auf sich zieht. Durch intime Gespräche und Einblicke hinter die Kulissen vermenschlicht Costa den Pastor und enthüllt die Komplexität und Nuancen, die sein Handeln bestimmen. Wir erleben den Eifer und die Überzeugung des Pastors, aber auch seinen Ehrgeiz und sein Verlangen nach Einfluss, was letztlich beunruhigende Fragen über die Rolle der Religion in der Politik aufwirft. Je tiefer Costa gräbt, desto mehr enthüllt sie das komplizierte Beziehungsgeflecht zwischen den evangelikalen Führern und den Spitzenpolitikern des Landes. Sie deckt einen beunruhigenden Trend auf: die zunehmende Aushöhlung demokratischer Werte und die Festigung der Macht durch diejenigen, die sich als Vorkämpfer einer „christlichen Nation“ sehen. Diese Vision ist nach Ansicht des Pastors und seiner Anhänger nicht nur moralisch überlegen, sondern auch von Gott gegeben. In dieser Weltanschauung lösen sich die Grenzen zwischen Kirche und Staat auf, und die Rechtsstaatlichkeit wird dem Willen Gottes untergeordnet. Im Laufe des Films setzt sich Costa mit der Komplexität der brasilianischen Politik auseinander, in der die Grenzen zwischen Rechts und Links, zwischen säkular und sakral ständig verschwimmen. Sie trifft sich mit Präsident Lula, einem ehemaligen Arbeiterführer, der mit Geschick und Pragmatismus durch die tückischen Gewässer der brasilianischen Politik navigiert hat. Lula äußert sich besorgt über den wachsenden Einfluss evangelikaler Führer und warnt davor, dass diese eine ernste Bedrohung für das demokratische Gefüge des Landes darstellen. Seine Worte sind ergreifend, angesichts des autoritären Populismus des rechtsextremen Führers Bolsonaro, der extremistischen Elementen Mut gemacht und eine Atmosphäre der Angst und Intoleranz geschaffen hat. Der Film beleuchtet auch den historischen Kontext, der zum Aufstieg des evangelikalen Einflusses in Brasilien geführt hat. Costa besucht ländliche Gemeinden, in denen Armut, Ungleichheit und soziale Entwurzelung einen fruchtbaren Boden geschaffen haben, auf dem religiöse Führer die Verzweiflung und Desillusionierung der Menschen ausnutzen können. Hier ist die Grenze zwischen Evangelisation und Ausbeutung prekär, und der Dokumentarfilm wirft beunruhigende Fragen über die Manipulation der Gläubigen durch diejenigen auf, die behaupten, für Gott zu sprechen. Einer der auffälligsten Aspekte von Apokalypse in den Tropen ist die differenzierte Darstellung der komplexen Beziehungen zwischen Brasiliens Spitzenpolitikern, den Medien und den evangelikalen Führern. Costas Zugang ist beispiellos, und sie nutzt ihn, um die inneren Mechanismen der brasilianischen Machtelite aufzudecken. Der Film ist eine vernichtende Anklage gegen die Art und Weise, wie Politik und Religion miteinander verflochten sind und eine toxische Mischung aus Ehrgeiz, Ideologie und Eigennutz erzeugen. Doch selbst wenn der Dokumentarfilm den wachsenden Einfluss evangelikaler Führer kritisiert, versucht er auch, die Gründe für ihren Erfolg zu verstehen. Costa trifft sich mit brasilianischen Bürgern, die die Gottesdienste des Pastors besuchen, und interviewt diejenigen, die in den Bann des Pastors geraten sind. Ihre Geschichten sind herzzerreißend und offenbaren die tief verwurzelten Sehnsüchte nach Verbindung, Gemeinschaft und Sinn, die ihre Loyalität gegenüber dem Pastor und seiner Bewegung antreiben. Diese Zeugnisse unterstreichen auch das Geschick des Pastors als Propagandist, der die Hoffnungen und Ängste seiner Anhänger in eine eindringliche Erzählung kanalisieren kann, die seine Herrschaft legitimiert. Letztendlich ist Apokalypse in den Tropen ein zum Nachdenken anregender und beunruhigender Film, der entscheidende Fragen über die Zukunft der Demokratie in Brasilien und anderswo aufwirft. Regisseurin Petra Costa hat eine filmische Bildtapete geschaffen, die sowohl intim als auch weitläufig ist und ein zutiefst persönliches und zutiefst beunruhigendes Porträt eines Landes am Rande des Abgrunds bietet. Am Ende des Films wird deutlich, dass der Kampf zur Verteidigung demokratischer Werte und Prinzipien noch lange nicht vorbei ist und dass in dieser zunehmend gespaltenen und polarisierten Welt mehr denn je auf dem Spiel steht.
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