Stories We Tell – Was wir uns erzählen

Handlung
Sarah Polleys semi-autobiografischer Dokumentarfilm "Stories We Tell – Was wir uns erzählen" ist eine ergreifende und differenzierte Auseinandersetzung mit Erinnerung, Geschichtenerzählen und der Komplexität von Familienbeziehungen. Der Film dreht sich um die persönliche Erfahrung der Filmemacherin und ihren Wunsch, die Wahrheit über die Vergangenheit ihrer Familie, insbesondere das Leben ihrer Mutter, zu verstehen. Durch eine Reihe von Interviews mit Familienmitgliedern und Freunden taucht Polley in die Feinheiten des menschlichen Gedächtnisses ein und enthüllt, wie unsere Wahrnehmung der Realität von unseren individuellen Perspektiven und Erfahrungen geprägt wird. Der Film beginnt mit Polleys Stimme, die sich an die Geschichten erinnert, die ihre Mutter, Diane Polley, ihr über die Geschichte ihrer Familie erzählte. Als sie älter wird, ist Sarah zunehmend fasziniert von den Diskrepanzen in den Erzählungen ihrer Mutter und spürt, dass unter der Oberfläche unerzählte Geschichten verborgen sind. Dianes vorzeitiger Tod im Alter von 45 Jahren an Eierstockkrebs entfacht nur Sarahs Neugier und veranlasst sie, sich auf eine Reise zu begeben, um die Wahrheit über die Vergangenheit ihrer Familie aufzudecken. Polleys Ansatz ist sowohl persönlich als auch methodisch. Sie beginnt mit Interviews mit ihren Familienmitgliedern, darunter ihr Vater Michael und ihre Geschwister, die alle unterschiedliche Berichte über das Leben ihrer Mutter geben. Wir sehen Fragmente der Geschichte der Familie Polley, die sich durch diese Erinnerungen entfalten und einen komplexen Teppich aus Liebe, Verlust und Täuschung enthüllen. Sarahs Geschwister, insbesondere ihre Schwester Maggie und ihr Bruder Mark, erzählen intime Geschichten über die Kämpfe ihrer Mutter mit ihrer Ehe mit Michael sowie über ihre Depressionen und Angstzustände. Als die Interviews ineinandergreifen, wird deutlich, dass jedes Familienmitglied seine eigene Interpretation der Ereignisse hat. Insbesondere Michael erweist sich als Charakter mit einer komplexen und oft widersprüchlichen Erzählung über seine Ehe mit Diane. Er schildert sich selbst als hingebungsvollen Ehemann und Vater, aber seine Version der Ereignisse steht im Widerspruch zu den Berichten seiner Kinder, die sich daran erinnern, dass ihre Mutter Schwierigkeiten hatte, mit dem Druck von Ehe und Familienleben fertig zu werden. Durch ihre Interviews wirft Polley grundlegende Fragen nach dem Wesen der Erinnerung und wie sie unsere Wahrnehmung der Realität prägt auf. Sie erforscht die Art und Weise, wie unsere individuellen Erfahrungen, Vorurteile und Motivationen unsere Erinnerungen beeinflussen können, was oft zu Inkonsistenzen und Diskrepanzen führt. Dies wird in den kontrastierenden Berichten ihrer Geschwister veranschaulicht, von denen jeder seine eigene, einzigartige Perspektive auf das Leben seiner Mutter hat. Die kumulative Wirkung dieser Zeugnisse ergibt ein komplexes Puzzle mit mehreren Teilen, die nicht sauber zusammenpassen. Polleys Ansatz zum Geschichtenerzählen ist selbst ein zentrales Thema des Films. Indem sie sich selbst sowohl als Ermittlerin als auch als Subjekt einsetzt, schafft sie eine Meta-Erzählung, die die Grenzen zwischen Dokumentation und Fiktion verwischt. Diese Technik ermöglicht es ihr, das Konzept des Geschichtenerzählens selbst zu kommentieren und zu enthüllen, wie unsere Erfahrungen und Erinnerungen durch die Erzählungen gefiltert werden, die wir über uns selbst und unser Leben erstellen. Der Filmtitel "Stories We Tell – Was wir uns erzählen" bezieht sich auf die Vorstellung, dass unser Leben aus mehreren Erzählungen besteht, von denen jede ihre eigenen Widersprüche und Inkonsistenzen aufweist. Polleys Untersuchung wird zu einer Suche nach dem Faden, der diese unterschiedlichen Geschichten verbindet, eine Suche nach der Wahrheit hinter den vielen Berichten. In diesem Sinne wird der Film zu einer Erforschung der menschlichen Erfahrung, in der sich Geschichten ständig weiterentwickeln und die Wahrheit oft im Dunkeln liegt. Letztendlich ist "Stories We Tell – Was wir uns erzählen" eine zutiefst persönliche und philosophische Auseinandersetzung mit dem Wesen der Erinnerung, dem Geschichtenerzählen und den familiären Beziehungen. Polleys Dokumentarfilm wirft grundlegende Fragen nach der Zuverlässigkeit der menschlichen Erinnerung, der Bedeutung des Kontextes und der Art und Weise auf, wie unsere Erfahrungen unsere Wahrnehmung der Realität prägen. Indem sie die Grenzen zwischen Dokumentation und Fiktion verwischt, schafft sie eine einzigartige Filmsprache, die sowohl ergreifend als auch zum Nachdenken anregt. Am Ende hinterlässt "Stories We Tell – Was wir uns erzählen" uns ein tiefes Gefühl für die Komplexität und Fragilität des menschlichen Gedächtnisses, wo die Wahrheit immer einer Revision unterliegt und die Geschichten, die wir über uns selbst erzählen, nie ganz vollständig sind.
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